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Ian McEwan

Nussschale

– Gelesen von Wanja Mues –

 

 

Das Setting ist klassisch:  Vater, Mutter, Kind, Onkel – Mordkomplott. Aber was nach dem ewig gleichen Spiel von Leidenschaft, Verrat und Mord klingt, entpuppt sich als völlig neue Geschichte. Denn wie reagiert ein Kind im Mutterleib, das Ohrenzeuge des Mordkomplotts gegen seinen eigenen Vater wird?  Wie geht es um mit dieser mörderischen Familienkonstellation, in der es Opfer und ungewollter Mitwisser zugleich ist.  Hamlet mal ganz anders ...

 

„Nussschale“ ist eine eindringliche, faszinierende Geschichte; überraschend, verstörend, fesselnd und philosophisch. Die Welt aus der Perspektive eines Fötus zu betrachten, eröffnet McEwan weitreichende literarische Freiheiten. Der Fötus ist, gegen alle Erfahrungen, nämlich kein hilfloses Geschöpf,  sondern eine Intelligenz-Bestie; vollgestopft mit absolut unkindlichem Wissen, das größtenteils aus Radiosendungen stammt, die seine schlafgestörte Mutter Nacht für Nacht hört. Er weiß alles über die politische Lage; kennt sich bestens in Kultur, Geschichte, Wissenschaft und Psychologie aus und baut sich daraus seine eigene Sicht auf die Welt. Und während die Erwachsenen um ihn herum von Habsucht, Neid, Selbstsucht, Gier und Hass getrieben werden, scheint das ungeborene Kind das einzige Wesen mit intakten Moral- und Wertvorstellungen zu sein. Kenntnisreich und schonungslos reflektiert, analysiert und kommentiert es die prekäre Weltlage und rechnet erbarmungslos mit den miesen Charaktereigenschaften seiner zukünftigen Familie ab. Neben diesen Einlassungen kommt aber auch der Krimiplot nicht zu kurz, denn immerhin handelt es sich hier um einen geplanten Mord und den Versuch, sich ein millionenschweres Erbe unter den Nagel zu reißen.

 

Sprachlich virtuos und ausgeklügelt konstruiert gehört  „Nussschale“ fraglos zu den Romanen McEwans, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Leicht, voller Ironie, mit schrägem Humor und hin- und hergerissen zwischen blankem Pessimismus und zögerlichem Optimismus widmet sich der Autor ganz existenziellen Fragen – aus der Sicht eines altklugen Fötus’.

 

Die eindringliche Interpretation von Wanja Mues zieht den Hörer vom ersten Moment in  den Bann. Denn hier ist weniger mehr. Ohne großes Pathos findet  alles seinen adäquaten Ausdruck, und der Hörer kann jede Nuance der virtuosen Sprache genießen.

Wunderbar!

 

 

Die ungekürzte Lesung ist im Diogenes Verlag erschienen.

5 CDs

Laufzeit: 340 Min.

Preis: €25,00

 

Das  gebundene Buch ist ebenfalls bei Diogenes erschienen.

Seiten: 288

Preis: € 22,00

 

 

Eine Rezension von Liliane Mika

www.mika-media.net